Liza Lim

*  30. August 1966

von Tim Rutherford-Johnson

Essay

Anfänge

In einem der ersten Interviews mit der damals 26jährigen Liza Lim notierte der australische Schriftsteller, Rundfunksprecher und Komponist Andrew Ford: »Sie scheint immer schon gewusst zu haben, was ihre zentralen kompositorischen Anliegen sind; ihre Musik hat sich seit ihren Studententagen entwickelt, statt sich in einen zähen Lyrismus zu verwandeln, charakterisiert ein sehniger Stil Werke wie Garden of Earthly Desire [für elf Spieler] (1988/89), Voodoo Child [für Sopran und sieben Spieler, Sappho] (1989) und ihr kürzlich entstandenes Streichquartett Hell (1992)« (Ford 1993, 158). Einige Eigenschaften sind im Lauf der Jahre zu ihrer Stilpalette hinzugekommen: zum Beispiel der lang gezogene Klang, mit dem Tongue of the Invisible für Bariton, Klavier und 16 Spieler (2010/11) beginnt, die verstärkte Verwendung lyrischer Melodien in der Oper Tree of Codes (nach Jonathan Safran Foer, Bruno Schulz, J.W. Goethe und Michel Foucault, 2013/16) oder die verschachtelten Wiederholungen in Ronda – The Spinning World für neun Spieler (2016).

Lim betrachtet ihre kompositorische Praxis, die fast immer durch ein externes Konzept oder eine Idee motiviert ist, als kontinuierlich sich entwickelnde Forschung. Obwohl einige Themen sie stets von Neuem faszinieren – Wikinger-Runen, Astrologie, die Poesie der Sufis, Südostasien ...